Fokus Artenvielfalt und wildtierfreundliche Landwirtschaft: Landesjägerschaft überreichte Niedersachsen Landwirtschaftsministerin Vorschläge und Positionen zur Fortschreibung der GAP
Der Rückgang der Artenvielfalt ist ein zentrales gesellschaftspolitisches Thema. Er manifestiert sich insbesondere durch den Rückgang vieler typischer Bewohner der Feldflur allen voran der Agrarvögel, wie Kiebitz oder Rebhuhn. Ursächlich sind verschiedene Faktoren – unstrittig gehört der Verlust von Lebensräumen durch die Intensivierung der Landwirtschaft dazu. Im Zuge der Fortschreibung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) für die Förderperiode 2021 bis 2027, bietet sich nunmehr die große Chance, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (LJN) fordert, die zukünftigen Fördermaßnahmen konsequenter als bisher für die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft zu nutzen und stellte ihre Vorschläge dazu am gestrigen Donnerstag (09.07.2020) der Niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast vor.
Die Ministerin betonte: „Die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Landwirtschaft und lebendige ländliche Räume stehen für mich im Zentrum aller Überlegungen bei der künftigen GAP. In Niedersachsen beschreiten wir gerade neue Wege der Nachhaltigkeit und schieben wichtige Transformationsprozesse an. Dies wollen wir auch mit den Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik untermauern. Für die weiteren Schritte ist es wichtig, noch in diesem Jahr verbindliche Eckpfeiler auf EU-Ebene zu setzen.“
„Artenvielfalt muss künftig ein Produktionsziel der Landwirtschaft werden. Die zukünftigen GAP-Maßnahmen müssen dabei ökologisch hoch wirksam, einfach umsetzbar und betriebswirtschaftlich vorteilhaft sein: Der Schutz und der Erhalt der Artenvielfalt als gesamtgesellschaftliches Ziel muss auch gesamtgesellschaftlich getragen werden“, umreißt Josef Schröer, Stellv. Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen, die Leitprinzipien des 7-seitigen Positionspapieres.
Im Kern gelte es den Fehlentwicklungen der bisherigen Greeningmaßnahmen entgegenzuwirken und ökologisch wirklich sinnvolle Maßnahmen stärker zu fördern – entbürokratisiert, praxistauglich und wirtschaftlich für Landwirte und dabei gleichzeitig ökologisch sinnvoll.
Landwirtschaftliche Betriebe sollten auf 5% ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche (Acker- wie Grünlandflächen) ökologisch hoch wirksame Maßnahmen umsetzen. 5% gelten auch unter den derzeitigen Greeningverpflichtungen, allerdings besteht dringender Nachbesserungsbedarf bei den einzelnen Maßnahmen: Extensiv bewirtschaftete Flächen mit artenreichen mehrjährigen Anbaumischungen beispielsweise, sind ökologisch hoch wirksam – nicht aber die Einsaat von Zwischenfrüchten, wie es im Rahmen des derzeitigen Greenings möglich und auch häufig Praxis ist.
In der Diskussion um die zukünftige Ausgestaltung der GAP wird häufig ein Flächenanteil von 10% gefordert. Aus naturschutzfachlicher Sicht wäre dies wünschenswert, allerdings sollten fünf Prozent als freiwillige, einzelbetriebliche Entscheidung den Landwirten überlassen werden. Die Ausgestaltung der so genannten Eco-Schemes, ein zukünftig neues Förderinstrument im Rahmen der GAP, könnte hierfür sehr sinnvoll genutzt werden. Beispiele für diese ebenfalls geförderten Maßnahmen, über die der Landwirt jährlich neu entscheiden kann, könnten das Anlegen von Extensivgetreide, Untersaaten im Mais, extensive Grünlandmaßnahmen oder aber Maßnahmen, die die Feldstruktur auflockern, sein.
Große Chancen böte auch die stärkere Berücksichtigung regionaler Konzepte und Kooperationen im Rahmen zukünftiger GAP-Maßnahmen: Auf Landkreisebene räumlich gesetzte Schwerpunkte, bieten weitaus mehr Potenzial für die Biodiversität als starre Vorgaben, bei denen Förderungen nach dem Gießkannenprinzip umgesetzt werden: Angrenzend an hochwertige Schutzgebiete zum Beispiel, erhöhen zielgerichtete Förderschwerpunkte den Nutzen für die Artenvielfalt eminent und können zudem Nutzungskonflikte in anderen Regionen entschärfen. In diesem Bereich wäre eine flexiblere Steuerung zukünftiger GAP-Maßnahmen mehr als sinnvoll.
Im Rahmen des Termins erneuerte die Landesjägerschaft ihre Forderung den Wildpflanzenanbau zur Energiegewinnung ebenfalls förderfähig zu gestalten – auch eine entsprechende Maßnahme im Rahmen der Niedersächsischen Agrarumweltprogramme sei dabei eine mögliche Variante. Neben der Steigerung der Artenvielfalt, ist die Vermeidung von Stickstoffausträgen im Boden ein weiterer positiver Effekt, der für den Anbau dieser Wildpflanzenmischungen spricht. Die Landesjägerschaft Niedersachsen widmet sich diesem Thema bereits seit acht Jahren intensiv und hat über Forschungsprojekte deren hohen ökologischen Mehrwert nachweisen können.
Insgesamt sind im Rahmen der Fortschreibung der GAP deutliche Vereinfachungen für Landwirte und Verwaltung in allen Bereichen bei der Verfahrensgestaltung wünschenswert. Sowohl Entbürokratisierungen in den Antragsverfahren, wie auch flexiblere und praxistauglichere Regelungen beispielsweise in Bezug auf mögliche Stichtagsregelungen, könnten hier schon für deutlich mehr Akzeptanz sorgen.