Am heutigen Mittwoch findet im Niedersächsischen Landtag die Anhörung zu einer kleinen Novellierung des Niedersächsischen Jagdgesetzes statt. Im Kern soll es bei der Novellierung um die Aufhebung des Verbots von Schallminderen, die Einführung eines Schießübungsnachweises sowie die verpflichtende Einführung von bleifreier Munition gehen. Die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (LJN) ist zu diesen Punkten gesprächsbereit, wenn die rechtlichen Ausgestaltungen stimmen, sieht aber auch verfassungsrechtliche Probleme.
Der erste Punkt der geplanten Novellierung, die Aufhebung des Verbots von Schallminderen im Niedersächsischen Jagdgesetz, ist Ländersache und diesen Vorstoß begrüßt die Landesjägerschaft ausdrücklich. Hintergrund dieser geplanten Änderung sind Aspekte des Gesundheitsschutzes: der Mündungsknall am Gewehr soll so bei Schussabgabe minimiert werden. Entscheidend sei hier, dass die Aufhebung des Verbots dann auch für alle gelte. „Gesundheitsschutz ist unteilbar. Folglich darf die Verwendung von Schallminderen auch nicht auf bestimmte Personenkreise wie Förster oder Berufsjäger beschränkt sein“, so der Justitiar der Landesjägerschaft Clemens Hons. Eine Bedarfsprüfung im Einzelfall zu Lasten der Jäger, dürfe das Gesetz nicht vorsehen.
Komplexer seien hingegen die beiden übrigen Punkte: „Unser Vorbehalt hat wesentlich zwei Gründe: Für die Themen Schießübungsnachweis und bleifreie Munition ist aus unserer Sicht der Bund zuständig“, so Hons weiter. Der Schießübungsnachweis falle unter die Regelungen zur Erlangung des Jagdscheins und für das „Recht der Jagdscheine“ ist nach Art. 72 Abs. 3 Nr. 1 GG allein der Bund zuständig. Auch beim Thema bleifreie Munition sieht die Landesjägerschaft die eigentliche Gesetzgebungskompetenz beim Bund: Die Regelungen zur Munition betreffen das Waffen- und Sprengstoffrecht, auch hierfür ist nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG der Bund zuständig.
Sollte das Land Niedersachsen dennoch diese Punkte auf Landesebene gesetzlich regeln wollen, ist die Landesjägerschaft vorbehaltlich der verfassungsmäßigen Rechtmäßigkeit gesprächsbereit. Entscheidend sei hier die konkrete rechtliche – und tatsächliche – Ausgestaltung. Insbesondere nach dem Prozess zur Umsetzung der Intervallbejagung, bei der das Landwirtschaftsministerium kurzerhand und entgegen der im Landtag geäußerten Vorstellungen aus einer „Kann- eine „Soll-Bestimmung“ gemacht hat, dringt die Landesjägerschaft hier auf klare gesetzliche Regelungen: Das Gesetz muss expressis verbis regeln, dass der Schießnachweis ein Übungsnachweis ist. Es darf der Obersten Jagdbehörde, also dem Landwirtschaftsministerium, keine Möglichkeit geben, hieraus über den Erlaß- oder Verordnungswege, im Nachgang eigenmächtig Leistungsanforderungen festzusetzen.
Auch beim Thema bleifreie Munition geht es um die konkreten Regelungen: Zunächst und wesentlich muss sichergestellt sein, dass sich die geplante Umstellung auf bleifreie Geschosse nur auf Büchsenmunition bezieht. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass Alternativgeschosse dieselbe tierschutzgerechte Tötungswirkung haben wie bleihaltige Munition.
Auch muss das Abprallverhalten alternativer Geschosse den hohen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Da es nachgewiesenermaßen noch nicht für alle Büchsenkaliber entsprechende Alternativen in dieser Hinsicht gibt, kommt für die Landesjägerschaft nur eine Minimierungsstrategie mit ausreichend langen Übergangsfristen infrage – wie sie auch auf Bundesebene geplant war. Erst dann, wenn es für alle Büchsenkaliber praxistaugliche Alternativen gebe, könne ein Umstieg auf bleifreie Geschosse gesetzlich verlangt werden.
Auf Bundesebene hatte es Mitte des vergangenen Jahres auch einen überparteilich im Bundestag abgestimmten Vorschlag zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes unter anderen zu diesen Punkten (Schießübungsnachweis und bleifreie Munition) gegeben, der letztlich aber am Veto Bayerns scheiterte. „Wir sehen hier nach wie vor den Bund in der Pflicht – insbesondere auch um weitere Flickenteppiche in Sachen Jagdgesetzgebung zu verhindern. Wir würden es sehr begrüßen, setzte sich die Niedersächsische Landesregierung, entsprechend ihrem Votum in der damaligen Bundesratsversammlung, vehement für eine bundesweit einheitliche Regelung dieser beiden Punkte ein“, so der LJN-Justitiar abschließend.