Der Wind und das derzeitige nasskalte Wetter ist für uns Menschen alles andere als angenehm. Wer kann, verbringt die Abende jetzt in der Vorweihnachtszeit bei einem Glas Wein oder einer Tasse Tee, vor dem warmen Kamin. Wie schafft es unser heimisches Wild eigentlich ohne diese Annehmlichkeiten durch den Winter? Das Damwild, Rehwild, Hase, Rebhuhn oder Fasan, sind während der Wintermonate einer doppelten Belastung ausgesetzt. Einerseits steht ihnen aufgrund der ruhenden Vegetation weniger Nahrung zur Verfügung, andererseits müssen sie mehr Energie für die Wärmeregulation aufbringen. Die Erntereste auf den Feldern und die Eichel- und Buchenmast der Bäume, sind Ende Januar zumeist schon aufgebraucht. Bis das erste Grün erscheint, herrscht nun besonderer Nahrungsmangel. Dank einer raffinierten Doppelstrategie gelingt unserem Wild jedoch, die kalte Jahreszeit recht gut zu überstehen. Der erste Teil der Strategie besteht darin, sich im Herbst eine dicke Fettschicht anzufressen, in der Fachsprache „Feist“ genannt, oder sich einen Winterpelz zuzulegen. So besitzt z.B. unser Schwarzwild eine schützende Wollschicht unter den Borsten, während das Rehwild in seiner Winterdecke hohle, gewellte Haare hat, die für eine wärmende Luftschicht sorgen. Was beim Haarwild ein dickes Fell, ist beim Federwild eine dicke Daunenschicht. Beides sichert ihnen trotz Kälte und Nahrungsmangel das Überleben in der Natur. Der zweite Teil der Strategie besteht darin, durch eine verminderte körperliche Aktivität, ein Absenken der Temperatur in der Körperschale oder auch durch die Anpassung der Stoffwechselaktivität an die Qualität und Verfügbarkeit der Nahrung, über den Winter zu kommen. Die Anpassung der Wildtiere an Winter und Kälte erfolgt also auch nach dem Prinzip des Energiesparens. Sie leben quasi auf „Sparflamme“. Dieser „Energiesparzustand“ kann von ihnen aber nur bei absoluter Ungestörtheit in ihren sicheren Einständen aufrechterhalten werden. Solche Ruhezonen sind jedoch rar geworden, unterliegt der Lebensraum unserer Tierwelt doch immer häufiger einer intensiven Mehrfachnutzung. Doch gerade die Winterruhe ist in der kalten Jahreszeit überlebenswichtig, denn viele einheimische Wildarten sind sogenannte Fluchttiere. Bei Beunruhigung ergreifen Rehwild & Co. die Flucht. Flucht bedeutet jedoch einen hohen Energieverbrauch, der kompensiert werden muss. Das Fettpolster wird mit fortschreitendem Winter sehr dünn, insbesondere ab Ende Januar und im Februar werden die Energiereserven sehr knapp. Wird das Wild während dieser Zeit gestört, nimmt es Schaden. Und auch die Natur leidet: Das gestörte Wild beginnt auf der Suche nach Fressbarem die Rinden von Baumstämmen zu schälen oder Triebe abzuknabbern. Diesem Umstand Rechnung tragend ruht nun auch die Jagd. Plötzliche und unerwartete Ruhestörungen wirken sich also mehrfach negativ aus, denn es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Störung, Energieverlust, Nahrungsmangel und der Entstehung von Wildschäden im Wald. Um die Beschwerlichkeiten des Wildes in dieser kalten Jahreszeit nicht noch zu vergrößern, bittet die Jägerschaft Rotenburg (Wümme), das Freizeitverhalten an das Verhalten der Wildtiere im Winter anzupassen und Rücksicht auf deren Bedürfnisse zu nehmen. Daher der Appell: „Gönnen Sie dem Wild die erforderliche Ruhe, bleiben Sie auf den Wegen und betreten sie auf keinen Fall Wildruhezonen und Dickungen. Führen Sie Ihre Hunde jetzt an der Leine, auch wenn derzeit keine Anleinpflicht besteht“.