„Es grünen die Bäume des Waldes, es kündigt der Frühling sich an, hinweg mit dem frostigen Winter, der Frühling ist ein sanfter Mann!“, heißt es in einem Gedicht von Friederike Kempner (1836-1904). Wer ist nun verantwortlich für das erste zarte Grün? Der Obmann für Öffentlichkeitsarbeit der Jägerschaft Rotenburg beschreibt die im Wald und den Revieren momentan zu beobachtende Entwicklung, weg vom winterlichen grau, hin zum zarten frühlingshaftem Grün. Es sind die wärmenden Sonnenstrahlen, höheren Temperaturen und die längeren Tage, die unseren Laubbäumen signalisieren: Der Frühling kommt, schiebt eure Blätter. Im Frühjahr bestimmen Licht und Wärme das neuerliche Aufbrechen der Blattknospen, die übrigens schon im Sommer des Vorjahres gebildet wurden.
Als sogenannte „sommergrüne Laubbaumarten“, sind unsere Bäume nicht in der Lage, ihre Blätter über den Winter weiter zu nutzen. Sie haben keine Mechanismen entwickelt, um der Kälte etwas entgegenzusetzen – außer dem Laubabwurf. Ein sommergrüner Baum erfriert oder vertrocknet, wenn seine Blätter nicht abfallen. Denn über die Blätter verdunstet der Baum Wasser. Wenn aber der Boden gefroren ist und der Baum kein Wasser nachschießen kann, vertrocknet bzw. verdurstet er. Wenn unsere Laubbaumarten im Herbst ihre Blätter abwerfen, entziehen sie den Blättern so viele Nährstoffe wie möglich. Sie werden im Stamm und der Wurzel eingelagert. In den Blättern verbleiben die gelblichen und rötlichen Carotine, die unseren Laubbäumen dann ihre herbstliche Färbung geben.
Im Frühjahr nun, mit Beginn der Vegetationsperiode, haben die Blätter unserer Bäume eine wichtige biologische Aufgabe zu erfüllen. Sie sind für die Ernährung der Bäume zuständig. In ihnen laufen chemische Prozesse ab, die für den Aufbau der Biomasse unumgänglich sind. Diese chemischen Prozesse werden als Assimilation oder wegen der wichtigen Beteiligung des Lichtes auch als Photosynthese bezeichnet.
Verkürzt dargestellt, nehmen die Blätter durch kleine Öffnungen, die sich an ihren Unterseiten befinden, Kohlendioxid (CO2) aus der Luft auf. Das für den jetzt folgenden Prozess benötigte Wasser wird gleichzeitig über die Pflanzenwurzeln aufgenommen und dem Blatt zugeführt. Das Blatt selbst verfügt in speziellen Zellen (Chloroplasten) über einen grünen Farbstoff, das so genannte Chlorophyll. Dieser „Energieumwandler“ Chlorophyll baut mit Hilfe der Sonnenenergie, die auf das Blatt einwirkt, Kohlendioxid und Wasser in Kohlenhydrate und Sauerstoff um. Während die Blätter den Sauerstoff an die Luft abgeben, werden die Kohlenhydrate als Stärke und Traubenzucker (Assimilate) über Leitungsbahnen im Bast in der Pflanze verteilt. Äußeres Kennzeichen der im Frühjahr frisch geschobenen Blätter ist ihr zartes grün, dass sie dem Farbstoff Chlorophyll verdanken.
Es werden jedoch nicht alle heimischen Bäume zum gleichen Zeitpunkt grün. Als erster Laubbaum begrünt sich bei uns die Birke. Ihrer Eigenschaft nach ist sie ein Pionierbaum – sie siedelt also auf freien ungeschützten Flächen. Sie ist an viel Licht und wenig Wärme gewöhnt und behält diese Eigenschaft auch im dichten Wald bei. Die Buche hat ein geringeres Lichtbedürfnis und liebt mehr Wärme, also treibt sie etwas später aus, wenn das Thermometer weiter gestiegen ist. Als letztes belaubt sich bei uns die Eiche: Sie hat von unseren Baumarten neben der Ulme die höchsten Wärmeansprüche, also muss das Frühjahr noch weiter fortgeschritten sein. Alle anderen Laubbaumarten liegen irgendwo dazwischen. Beim Laubaustrieb gibt es auch regionale Unterschiede: Je höher man in die Berge kommt, desto später brechen die Knospen auf, da die Temperatur mit zunehmender Höhe geringer wird. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass bei derselben Baumart unterschiedliche Austriebszeiten vorkommen.
Das eben geschilderte erklärt, wieso im zeitigen Frühjahr im noch kahlen Wald zunächst nur einzelne Bäume und Sträucher belaubt sind. Wie hieß es Eingangs im Gedicht: „...der Frühling ist ein sanfter Mann!“, nur wenige Wochen noch, dann ist auch dieser sonnenarme und extrem kalte Winter vergessen und wir können uns wieder am satten Grün unserer Wälder erfreuen.