Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder und der Herbst beginnt..., so heißt es im Herbstlied von Johann Gaudenz Frhr. v. Salis-Seewis. Ob Jäger oder Naturliebhaber, wer sich jetzt bei strahlender Herbstsonne in der Natur bewegt, beobachtet die allmähliche Veränderung, die in wenigen Wochen im bunten Farbspiel der Blätter unserer heimischen Laubbäume ihren Höhepunkt findet; der Herbst hält Einzug.
Verantwortlich für dieses prächtige Farbspiel ist die Klugheit der Natur. Kühlere Nächte und kürzere Tage signalisieren den Bäumen: Der Winter kommt, es wird Zeit die Blätter abzuwerfen. Doch bevor es soweit ist, ziehen die Bäume den grünen Blattfarbstoff, das Chlorophyll, aus ihren Blättern ab. Chlorophyll ist für die Photosynthese zuständig und wird mit schwächer werdender Sonnenkraft im Herbst überflüssig. Es verschwindet aus den Blättern und überlässt dem Farbstoff Karotin, der für das Gelb verantwortlich ist und dem Farbstoff Anthocyan, der für das Rot verantwortlich zeichnet, den Platz.
Der geschulte Beobachter bemerkt, dass die Verfärbung der Blätter nicht gleichmäßig vonstatten geht. Die am weitesten vom Stamm entfernten Blätter wechseln zuerst ihre Farbe. Die dichter am Stamm wachsenden Blätter bleiben länger grün. Der herbstliche Laubfall ist ein präzis gesteuerter Alterungsprozess, der darauf abzielt, die mobilisierbaren organischen Substanzen und Nährelemente aus den Blättern in das Speichergewebe des Stammes und der Wurzel zurückzuführen, wo sie im nächsten Frühjahr für den Blattaustrieb und das Wachstum wieder mobilisiert werden können.
Doch hat die bunte Färbung des Herbstlaubs noch eine andere wichtige Funktion für die Pflanze. Die Verfärbung des Laubes im Herbst schreckt Insekten nämlich davon ab, Eier auf den Blättern abzulegen: Die bunten Blätter signalisieren den Insekten, dass der Baum keine sicheren Eiablageplätze mehr bietet. So verhindern die Bäume das Einnisten der Insekten und bewahren sich vor Schäden im kommenden Frühjahr.
Viele Blätter färben sich am Ende auch braun oder schwarz ein. Sie "entsorgen" nämlich kurz vor Winterbeginn die Abfälle aus ihrem Stoffwechsel. Irgendwann jedoch fällen dann fest alle Blätter zu Boden. Die viele Meter über dem Erdboden liegenden Laubblätter würden im kalten Winter, wenn das Bodenwasser zu Eis erstarrt ist, mangels ausreichender Wasserversorgung absterben und dann mit ihren gesamten Nährstoffvorrat abfallen.
Der Blattfall im Herbst ist außerdem eine wichtige Anpassung der Laubgehölze an den mit den Jahreszeiten verbundenen Klimawechsel in unseren Breiten. Mit dem Blattfall schützen sich unsere Laubgehölze vor der so genannten Frosttrocknis im Winter. Das Gehölz würde nämlich verdursten, wenn bei gefrorenem Boden und klarem Wetter im Winter durch die Wurzeln nicht genügend Wasser nachgeliefert werden könnte. Wie alles in der Natur haben also auch die Farbveränderungen des Herbstlaubes ihren Sinn.