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Historischer Hilferuf

Jäger im Naturschutz unverzichtbar

In der Stollhammer Wisch im Landkreis Wesermarsch wird seit 1992 zum Schutz bodenbrütender Wiesenvögel ein wissenschaftlich begleitetes Kooperationsprojekt gemeinsam von Naturschutzfachleuten des Landkreises sowie den ortsansässigen Landwirten durchgeführt. In einem Gebiet von 2.400 ha mit über 90 % Grünlandwirtschaft nehmen mehr als 50 Landwirte aktiv daran teil. Sie bewirtschaften zusammen 1.073 ha (das sind 40 % des Gesamtgebietes) als Vertragsnaturschutzflächen mit unterschiedlichen Auflagen im Interesse der Wiesenvögel. Gleichzeitig wird ein aufwendiges Vogelmonitoring (Firma Bio-Consult) durchgeführt und seit 2001 untersucht die Universität Osnabrück-Fachbereich Biologie unter Leitung von Prof. Dr. Heinz Düttmann den Schlupferfolg und die Kükenmortalität. Das Projekt wird mit Naturschutzmitteln des Niedersächsischen Umweltministeriums gefördert.

Viel Geld ist inzwischen in das Kooperationsprojekt investiert worden. Die Landwirtschaft als Faktor für Gelegeverluste und Kükensterblichkeit konnte weitgehend ausgeschlossen werden. Dennoch nehmen die bodenbrütenden Wiesenvögel in der Stollhammer Wisch nicht im erhofften Maße zu. Der Bruterfolg reicht bisher nicht, um den Bestand an Uferschnepfen, Kiebitzen, Austernfischern, Rotschenkeln, Brachvögeln, Bekassinen oder Kampfläufern langfristig zu halten. Die Gelegegröße ist bei den Bodenbrütern gleichbleibend. Es liegt demnach am Schlupferfolg und an der Kükenmortalität, wenn die Bestände in der Stollhammer Wisch nicht im erhofften Maße anwachsen. Mit Thermologgern (Temperaturfühlern) und kleinen Minisendern versucht Prof. Düttmann mit seinen Mitarbeitern in vier Teilgebieten herauszufinden, was mit den Gelegen und den Wiesenvogelküken im einzelnen geschieht. Er beobachtet dazu Flächen mit konventioneller Bewirtschaftung, Flächen mit Gelegeschutz, Vertragsnaturschutzflächen mit niedrigen Auflagen sowie Vertragsnaturschutzflächen mit hohen Auflagen. Über 300 Wiesenbrüterküken wurden bisher Minisender aufgeklebt, um ihren Verbleib zu erforschen. Ein einzelner dieser Minisender kostet 200,00 € und hält vier Wochen.

In konventionell bewirtschafteten Flächen gehen 75 % der Verluste an Wiesenvögeln auf die Bodenbewirtschaftung der Landwirtschaft zurück. Wird sie z. B. über den Vertragsnaturschutz bzw. den Einzelgelegeschutz als Verlustursache ausgeschlossen, gehen dennoch 68 bzw. 75 % der Gelege oder Küken durch Prädatoren (Raubsäuger / Vögel) verloren.

Die Thermologger belegten, daß 75 % der Gelege nachts zerstört wurden, d. h. hierfür sind Raubsäuger wie der Fuchs, die Marder, die Wanderratte oder der Igel verantwortlich. Nur 25 % der Gelege wurden tagsüber geplündert durch verschiedene Vögel oder auch die tagaktiven Wiesel. Für die Kükenverluste sind vielfach Vögel aber auch Hermeline verantwortlich.

Das Niedersächsische Umweltministerium hat in dieser Situation einen als historisch zu bezeichnenden Hilferuf an die Jäger Niedersachsens gerichtet. Wenn all das Geld für das Kooperationsprojekt in der Stollhammer Wisch nicht völlig umsonst ausgegeben sein soll, müßten die Prädatoren (Beutegreifer) in diesem Gebiet mehr als bisher zurückgedrängt und ihr Einfluß auf die Gelege und Küken erheblich gemindert werden. Wer anders als die befugten Jäger könnten dies bewirken?

Die Europäische Union verlangt von den Mitgliedsstaaten und somit auch vom Land Niedersachsen nicht, daß sie Landschaftspflege betreiben, sondern daß sie effektiv belegen, dass z. B. bestimmte Vogelarten erhalten bleiben. Es zählen nur Fakten und Zahlen. Insofern sind viele Aktivitäten der Naturschutzverwaltung in diesem Licht neu zu bewerten. Und aus diesem Grund liegt der Hilferuf an die Jäger auf der Hand. Jäger sind, wenn sie denn wirklich etwas dazu tun, unverzichtbar im Artenschutz!

In der Stollhammer Wisch im Landkreis Wesermarsch sollen die Bestände der Wiesenvögel nicht nur gehalten, sondern positiv entwickelt werden. Nicht zuletzt wären damit die Verluste in anderen Bereichen an der Nordseeküste zu kompensieren. Dafür bittet das Niedersächsische Umweltministerium die Jäger und die Jagdverwaltung um Hilfe, damit alle rechtlichen und praktischen Möglichkeiten zum Reduzieren von Füchsen, Mardern, Wieseln und nicht zuletzt auch Rabenvögeln genutzt werden. Wer wollte sich einer solchen historischen Aufgabe widersetzen? Die Jagd soll nach dem Vorsorgeprinzip gezielter als bisher durchgeführt werden. Gesprochen werden sollte nicht mehr darüber, ob die Jäger beim Artenschutz als unverzichtbar helfen, sondern nur noch über das wie.