Rehe als Verkehrsopfer - muss das so sein?
Im vergangenen Jagdjahr (01.04.2019 – 31.03.2020) wurden auf den Straßen in der Flächenstadt Melle mindestens 301 Rehe durch PKW‘s oder LKW’s getötet. Diese Zahl liegt deutlich unter der Zahl des Vorjahres (343), ist aber immer noch viel zu hoch. 301 im Straßenverkehr getötete Rehe bedeutet, dass durchschnittlich an sechs von sieben Wochentagen in Melle ein Reh durch ein Kraftfahrzeug getötet wird.
Hinzu kommt eine gewisse Dunkelziffer. Nicht jedes angefahrene Reh verendet direkt am Unfallort. Häufig kann der Unfallfahrer den genauen Unfallort nicht angeben. Dadurch ist die Nachsuche mit einem speziell ausgebildeten Nachsuchenhund sehr erschwert und führt leider nicht immer zum Erfolg.
Die Jägerschaft Melle hat im Jahr 2012 an vielen gefährdeten Straßenabschnitten blaue Reflektoren an den Straßenbegrenzungspfählen angebracht. Diese Reflektoren spiegeln das Scheinwerferlicht in den Straßenseitenraum und sollen so Rehwild, aber auch Damwild und Schwarzwild, vom Überqueren der Straßen abhalten. Diese Reflektoren wirken nur bei Dunkelheit und auch da nicht in jedem Fall. Im letzten Jahr wurden verschiedene Untersuchungen veröffentlicht, die die Wirksamkeit von blauen oder anderen Reflektoren in Frage stellen. Allerdings ist es m.E. schwierig, hier klare Aussagen zu treffen. An manchen Straßenabschnitten sind die Wildunfälle nach dem Anbringen der blauen Reflektoren fast auf null zurückgegangen. An anderen Straßenabschnitten konnte kein Rückgang festgestellt werden. Für Melle stellt sich daher die Frage hätten wir ohne Reflektoren auch 301 Unfälle mit Rehen oder 350 oder gar 400?
Die Jäger der Jägerschaft Melle bemühen sich intensiv, durch eine Erhöhung der Rehwildabschüsse insgesamt -aber auch ganz speziell an gefährdeten Straßenabschnitten- die Verkehrsunfälle mit Rehen zu mindern.
Aber auch der Autofahrer kann ganz wesentlich zur Vermeidung von Wildunfällen beitragen. Hier die wichtigsten Punkte:
- Angepasste Geschwindigkeit auf Straßenabschnitten im Wald und ganz besonders auf Straßenabschnitten mit Wald auf der einen und Feldern oder wiesen auf der anderen Seite. Hier sollte die Geschwindigkeit 70 km/h auf keinen Fall überschreiten. Weniger ist in diesem Fall mehr!
- Keinen Tunnelblick. Häufig richten Autofahrer ihren Blick nur auf die Straße. Was am Straßenrand oder im Straßenseitenraum passiert, registrieren sie nicht.
- Richtig ist der Trichterblick. Hier beobachtet der Autofahrer auch den Straßenseitenraum. Bei defensiver Fahrweise mit angepasster Geschwindigkeit, sieht er rechtzeitig das Reh, das sich der Fahrbahn nähert.
- Wo ein Reh über die Fahrbahn läuft, folgt häufig ein zweites oder drittes Tier. Daher sofort auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen.
Im Lauf der letzten Jahre habe ich weit über 100 Gespräche mit Autofahrern geführt, die einen Wildunfall verursacht haben. Durch diese Gespräche ist mir klar geworden, dass über 50% aller Wildunfälle vermieden werden könnten, wenn alle Autofahrer die vorstehenden Punkte beachten würden.
Was muss der Autofahrer tun, wenn es doch gekracht hat? Er sollte umgehend die örtliche Polizei informieren. Die Polizei hat die Kontaktdaten des zuständigen Jägers. Falls das verunfallte Wild nicht sofort getötet wurde, erlöst der Jäger es von seinen Qualen. Weiterhin kümmert er sich um die Bergung und Entsorgung des Unfallwildes. Wenn die Polizei nicht vor Ort ist, stellt er auch die für die Versicherung erforderliche Wildunfallbescheinigung aus.
Hier zur Broschüre:
https://www.jagdverband.de/sites/default/files/Broschuere_Wildunfaelle.pdf
https://www.tierfund-kataster.de