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Waffensteuer in Stuttgart vom Tisch!

Presseartikel  

 

Waffensteuer ist plötzlich vom Tisch

Thomas Borgmann, veröffentlicht am 15.09.2010

 

Stuttgart - Bei ihrem Versuch, die angespannte Finanzlage der Landeshauptstadt in den Griff zu bekommen, haben Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und Stadtkämmerer Michael Föll (beide CDU) am Mittwoch eine überraschende Wende vollzogen. Vor der Presse im Rathaus kündigten sie an, dem Gemeinderat in der kommenden Woche vorzuschlagen, "dass die Einführung einer Waffenbesitzsteuer derzeit nicht weiterverfolgt wird".

Ihre Begründung: nach Rücksprache mit Gutachtern während der Sommerferien habe sich herausgestellt, dass die Zahl der zu besteuernden Waffen nur bei etwa 7000 liege. Außerdem erfordere der Datenschutz einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand. Schließlich, so der Kämmerer, "bringt uns die erhöhte Vergnügungssteuer deutlich mehr in die Stadtkasse als bisher erwartet, nämlich statt 5,4 bis zu 8,8 Millionen Euro". Gleichwohl, so betonte Föll, "bleibt die finanzielle Lage Stuttgarts auch weiterhin sehr angespannt". Aus diesem Grund müsse der Gemeinderat in nächster Zeit immer noch 450.000 Euro im Kulturbereich sowie 250.000 Euro im Sozialen kürzen oder andere Deckungsvorschläge machen.

Weniger steuerpflichtige Waffen

Seinen Sinneswandel in Sachen Waffenbesitzsteuer begründete der Stadtkämmerer im Einzelnen: "Ursprünglich waren wir davon ausgegangen, dass etwa die Hälfte der 29.000 in Stuttgart registrierten Waffen steuerpflichtig wären. Nach der Befragung von Gutachtern sowie des Ministeriums für den Ländlichen Raum hat sich jedoch ergeben, dass höchstens 7000 Waffen besteuert werden könnten." Der Grund: die Experten billigten den 1100 Stuttgarter Jägern jeweils bis zu zehn Waffen zu. Hinzu komme, dass von den 7000 sogenannten Erbfällen 6300 Waffen nicht mit Steuern belegt werden könnten.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt für den Rückzug von der Waffensteuer: "Die beim Amt für öffentliche Ordnung vorhandene Datei aller 29.000 registrierten Waffen darf nicht an die Kämmerei und das Steueramt weiter gegeben werden", sagte Michael Föll. Dies würde bedeuten, dass mit unvertretbar hohem Aufwand eine völlig neue Datei erarbeitet werden müsste.
Fölls Fazit: "Selbst bei 150 Euro Steuern pro Waffe wären unter dem Strich nur höchstens 800.000 Euro Einnahmen für uns übrig geblieben." Schließlich müsse man, wie von den Verbänden der Jäger angedroht, mit jahrelangen Prozessen gegen die Stadt rechnen - und mit der Gefahr, bei einer Niederlage die bis zu einem endgültigen Urteil eingegangenen Beträge dann zurückzahlen zu müssen.

 

Mehr steuerpflichtige Spielautomaten

Der Oberbürgermeister und der Kämmerer betonten am Mittwoch, die Entscheidung gegen die Waffensteuer sei ihnen leichter gefallen, weil sich auch im Bereich der vom Gemeinderat erhöhten Vergnügungssteuer neue Fakten ergeben hätten: "Verstärkte Außenkontrollen haben ergeben, dass es in der Landeshauptstadt nicht nur, wie bisher angenommen, 1750 steuerpflichtige Spielautomaten gibt, sondern 2900." Dies bringe unterm Strich ein Plus von 3,5 Millionen Euro, insgesamt rund 8,8 Millionen Euro im Jahr.
Werner Wölfle, der Vorsitzende der Grünenfraktion, kritisierte am Mittwoch Wolfgang Schuster und Michael Föll: "Die Einführung der Waffensteuer, die man uns vor den Ferien so nahegelegt hat, war offensichtlich ein Schnellschuss - alles zu kurz gedacht." Die Tatsache, dass beide nach wie vor eine Kürzung von 450.000 Euro im Kulturbereich für nötig hielten, werte er "als eine Demonstration der Macht".
Der CDU-Fraktionschef Fred-Jürgen Stradinger begrüßte die Kehrtwende bei der Waffensteuer: "Wir haben Fragen gestellt zu dieser Steuer - jetzt zeigt sich, dass sie sich nicht lohnt." Beim Thema Kultur signalisierte Stradinger Gesprächsbereitschaft: "Wir sind auf diesem Gebiet offen und gesprächsbereit. Wenn die Kürzungen vermieden werden könnten, wäre das aus unserer Sicht ein Glücksfall."
Unterdessen hat die SPD-Ratsfraktion den Antrag eingebracht, die Kürzungen in der Kultur und im Sozialen zu vermeiden. Stadtrat Andreas Reißig sagte: "Höhere Steuern sind für uns kein Selbstzweck - das gilt für die Waffensteuer wie für die Bettensteuer. Allerdings wäre die Waffensteuer aus ordnungspolitischen Gründen durchaus sinnvoll." Der Hotel- und Gaststättenverband hat sich am Mittwoch erneut gegen die "Bettensteuer" ausgesprochen.

Dr. Erhard Jauch
Hauptgeschäftsführer Landesjagdverband Baden-Württemberg e.V./
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